Sunday, January 19, 2025

Kärntner Kulturvogel für Andrea K. Schlehwein und Eleonore Schäfer

Carinthian cultural award "Kulturvogel" for Andrea K. Schlehwein und Eleonore Schäfer

Mit dem Kärntner Kulturvogel werden seit 2017 jährlich Menschen ausgezeichnet, die sich unermüdlich in der Schaffung und Verbreitung von Kunst und Kultur engagieren, „die scheint's einen Vogel haben, weil sie sich so viel für die Kultur im Raum Kärnten/Koroška antun und im Gegenzug sehr wenig bis gar nichts dafür bekommen.“ (Gernot Fischer-Kondratovitch)
Der Preis wird von Gernot Fischer-Kondratovitch und VADA – Verein zur Anregung des dramatischen Appetits – verliehen.

Since 2017, the "Kärtner Kulturvogel" has been awarded annually to people who are tirelessly committed to the creation and promotion of art and culture, “who seem to have a screw loose because they are doing so much for culture in the Carinthia/Koroška region and receive very little to nothing in return.“ (Gernot Fischer-Kondratovitch)
The prize is awarded by Gernot Fischer-Kondratovitch and VADA – Verein zur Anregung des dramatischen Appetits.

Preisträgerinnen und Preisträger | Winners 2024:
schau.räume
Andrea K. Schlehwein und Eleonore Schäfer
Alenka Hain
Veronika Kušej
Valentin Pezzej


Die Dankesrede von Andrea K. Schlehwein
anlässlich der Preisverleihung am 11. January 2025 in Klagenfurt
[English translation below]

Wir leben in wilden Zeiten.

Die Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, werden nicht kleiner - im Gegenteil, sie werden zunehmen und Farbe und Form verändern wie ein Chamäleon.

Wir sollten wach und aufmerksam bleiben und unser Bewusstsein für die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen, im Denken und Handeln schärfen.

Dass die Lage insgesamt schwierig ist - gab es schon oft.

Zeit fließt
in Wellen
rauf und runter
runter und rauf
Also:
kein Grund zur Verzweiflung ...

Doch einen bemühten Begriff, der das unermüdliche Tun von Menschen in Kunst und Kultur begleitet, nämlich den der Resilienz, möchte ich ersetzen, und zwar durch LEIDENSCHAFT, denn die ist unser Motor, treibt an und zeichnet uns aus.

Mit UNS meine ich jetzt nicht nur Eleonore und mich, sondern UNS alle,
die wir Kunst kreieren, erarbeiten, präsentieren, fördern und finanzieren, vermitteln, kaufen, unterstützen, ermöglichen ...

Dank unserer Leidenschaft erkennen wir eine wesentliche Grundeigenschaft der Kunst an, nämlich ein lebendig FRAGILER, ein wertvoller Bestandteil unserer Gesellschaft zu sein.

Und was fragil und ungepanzert, empfänglich und verwundbar ist,
muß geschützt werden!

Im Japanischen Denken existiert das MONO no AWARE – das So Sein der Dinge.

Meint: zerbrechlich, mit sichtbaren Spuren des Alterns, mit Ecken und scharfen Kanten versehen, also: nicht immer einfach zugänglich...
Und manchmal komplex und verworren gestrickt ...

Das MONO no AWARE bezieht auch die für jede Gesellschaft so wesentlichen Möglichkeitsräume mit ein, in denen individuelle Kunst- wie Lebenskonzepte auf facettenreiche Art und Weise, unvermittelt und direkt imaginiert und verworfen, postuliert und diskutiert werden.

Dies geschieht durch AKTION und DENKEN mit Mitteln der Kunst,
in alltäglichen Räumen, wie dem der SPRACHE.

Und gerade hier sind die Veränderungen alarmierend, die wir in der letzten Zeit an Stammtischen und in einigen Ecken der Politik erleben mussten, das Ausspucken von Phrasen, die Auszusprechen noch vor Jahren undenkbar und im gemeinschaftlichen Konsens ein NO GO gewesen sind.

Diese öffentlich und ohne Scham geäußerten Überlegungen und Handlungsaufforderungen tragen in keinster Weise dazu bei, das Fragile, das im Werden begriffene, das Schwache, das Schöne, Zerbrechliche, das Humane zu schützen.

Wir wissen: unsere Aufmerksamkeit ist gefordert, Orte der Kunst mit ihrem breitgefächerten, also auch politischen Bewusstsein zu erhalten.

Ohne diese Räume der Imagination, die in der Lage sind, flexibel zu agieren, sich neu zu erfinden und öffentlich zu äußern, wird unserer Gesellschaft insgesamt nicht wieder gut zu machendes, gewachsenes und wesentliches fehlen. Denn hier entwerfen und verhandeln Menschen als Community, in welcher Gesellschaft sie leben wollen.

Die Künste sind nicht nur eine Form der Reflexion, sie sind die Grundlage für unsere gemeinsame Zukunft.

Orte wie diese werden auch zukünftig aus Geldmangel aufgeben.

Und einen Ort zu schließen, das geht schnell und leicht, ihn wieder mit Leben und Kontent zu erwecken, das dauert oder geschieht gar nicht erst.

Aus diesem Bewusstsein heraus sind wir NOCH da und es wird in der nahen Zukunft einiges an phantastischen Entwürfen, Leidenschaft und praktisch umsetzbaren Konzepten brauchen, um Orte, Gedanken, und nicht zuletzt auch Menschen und gesellschaftliche Errungenschaften zu schützen.

WIR freuen uns sehr über den Kulturvogel, den wir als Team und als sichtbare Anerkennung gerne entgegen nehmen, zumal es ein ausgesprochen spezieller Preis ist, weil: von Kolleg:innen für Kolleg:innen!!!

Vielen Dank euch, VADA people:
Yulia, Felix, Emil …
und euch allen anderen ebenso, für euer Hiersein heute, euer Bewusstsein ...das DA-Sein in der Welt der Kunst... in dieser Region... ... im verbindenden Tun!


The acceptance speech from Andrea K. Schlehwein
at the award ceremony on January 11th, 2025 in Klagenfurt.

We live in wild times.

The challenges we face are not becoming smaller - on the contrary, they will increase and change color and shape like a chameleon.

We should stay awake and alert and sharpen our awareness of the way we treat each other in thought and action.

The fact that the situation as a whole is difficult – we've seen it many times before.

Time flows
in waves
up and down
down and up
Therefore:
no reason to despair ...

However, there is one much-used term that accompanies the tireless endeavours of people in art and culture, namely resilience, which I would like to replace with something else, with PASSION, because this is what drives us, drives us and sets us apart.

By "us" I don't just mean Eleanor and myself, but I mean all of us,
all of us who create, develop, present, promote and finance, facilitate, buy, support, enable ...

Thanks to our passion, we recognise an essential basic property of art, namely to be a lively, FRAGILE, valuable part of our society.

And what is fragile and unarmoured, receptive and vulnerable,
must be protected!

In Japanese thought, there is the MONO no AWARE – the suchness of things.

Meaning: fragile, with visible traces of aging, with angles and sharp edges, and therefore: not always easily accessible...
And sometimes weaved in complex and tangled ways...

The MONO no AWARE also includes the spaces of potential that are so essential for every society, in which individual conceptions of art and life are imagined, postulated and discussed in multifaceted, immediate and direct ways.

This happens through ACTION and THOUGHT with the means of art,
in everyday spaces, such as the space of LANGUAGE.

And it is precisely here that the changes we have seen in recent times down in the pubs and in some corners of politics are alarming – the spewing forth of phrases that were considered unutterable some years ago and were a NO GO in the collective consensus.

These publicly and shamelessly expressed thoughts and demands for action do not in any way contribute to protecting the fragile, the evolving, the weak, the beautiful, the fragile, the humane.

We know that our alertness is called upon to preserve places of art with their multifaceted, therefore also political, awareness.


Without these spaces of imagination, which are able to act flexibly, to reinvent themselves and to express themselves publicly, our society as a whole will lack something that cannot be made made up for, something that has grown, something essential. Because this is where people as a community draw up and negotiate the kind of society they want to live in.

The arts are not just a form of reflection, they are the foundation for our common future.

Places like these will continue to disappear in the future due to a lack of funds.
And it is quick and easy to close a space, but to re-awaken it with life and content takes time – or will not happen in the first place.

From this awareness, we are STILL here and in the near future it will take a lot of fantastic imagination, passion and practically implementable concepts to protect spaces, thoughts, and. last but not least, people as well as social achievements.

WE are very happy about the Kulturvogel, which we gladly accept as a team and as visible token of recognition, especially it being a very special prize: from colleagues for colleagues!!!


Thank you all very much, VADA people:
Yulia, Felix, Emil...
and everyone else as well, for being here today, for your awareness... your being HERE in the world of art... in this region... ... in connective action!